Die Ausbildung der zukünftigen Elite eines «Bruderlands» in der DDR. Chinesische Studenten an der Technischen Hochschule Ilmenau (1955–1989)

(Accueillir et former en RDA les futurs cadres d’un «pays frère». Les étudiants chinois à la Technische Hochschule Ilmenau (1955–1989))

Der Artikel untersucht die Aufnahme chinesischer Studenten an der Technischen Hochschule Ilmenau (THI) während des Kalten Kriegs und zeigt die komplexen Beziehungen unter den verschiedenen Akteuren auf. Über die offiziellen Äusserungen zur Einheit des Blocks hinaus war die Ausbildung von Studenten eines «Bruderlandes» vor allem ein Mittel zur Legitimation der DDR, eines Landes der Emigration. Die Beschäftigung mit dem Alltagsleben dieser BotschafterInnen Chinas in der DDR erlaubt es gleichfalls, die zwischenstaatlichen Beziehungen nuancierter zu verstehen, vor allem zum Zeitpunkt des chinesisch-sowjetischen Konflikts. Als letztes Glied einer Kette von top-down-Entscheidungen wurden die Universitäten direkt mit der materiellen Realität der Aufnahme der Studierenden, die ihnen durch die zwischenstaatlichen Vereinbarungen auferlegt wurde, konfrontiert. Die Spannung zwischen dem programmatischen Diskurs über die Ausbildung fremder Studierender und der Wirklichkeit, mit der sich die THI auseinandersetzen musste, zeigt, dass die ostdeutschen Universitäten ein Ort der Öffnung und der Kontrolle zugleich waren.

Erschienen in: traverse 2018/1, S. 134