Ambivalenzen in Farbe. «Schweizer Bergleben um 1950» zwischen Moderne und Nostalgie


Die 1950er-Jahre zeichneten sich durch eine Ambivalenz zwischen Aufbruch und Konservativismus, zwischen Moderne und Nostalgie aus. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Umwälzungen prägten die Schweiz. In dieser Zeit des Umbruchs entstand die Serie «Schweizer Bergleben um 1950» des Luzerner Fotografen Peter Ammon. Die Bilder wirken heute inhaltlich seltsam «unmodern» – ja kitschig –, weil sie alpines Leben, bergbäuerliches Arbeiten und rurales Wohnen der 1950er-Jahre in Farbe zeigen. Die Fotografien selbst sind damit Zeugen einer Ambivalenz, sie sind mehrdeutig, sperrig und schräg. Die neue Technik der Farbdiafilme verlangte von Ammon eine genaue Planung des Bildaufbaus, der Fokussierung und der Beleuchtung, besonders in dunklen Innenräumen. Der Einsatz von Kunstlicht verstärkte die künstlerisch anmutende Inszenierung. Ammon erzählt in seinen einzelnen Aufnahmen jeweils eine gesamte Geschichte. Er erweist sich dabei als ein anachronistischer Suchender nach «Ursprünglichem», nach «Verschwindendem» in einer Zeit der Beschleunigung, des Massenkonsums und des Fortschritts-Optimismus. Der Bildbeitrag nimmt die Bildserie als Ausgangspunkt, um über die Ambivalenzen der 1950-Jahre nachzudenken.

Erschienen in: traverse 2017/1, S. 111