Ein Fotoalbum für Schulschwester Anna Riesen. Fotografien im Archiv der Schweizerischen Pflegerinnenschule


Im Archiv der Gosteli-Stiftung in Worblaufen ist der umfangreich Nachlass der 1998 geschlossenen Schweizerischen Pflegerinnenschule deponiert, darunter eine grosse Zahl von Fotografien. 125 dieser Bilder stammen aus dem Album, das 1947 Krankenschwestern zum Abschied der «Schulschwester» Anna Riesen, langjährige Leiterin des praktischen Unterrichts, zusammengestellt haben. Grosse Verdienste kam Riesen für die Ausbildung und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Krankenschwestern zu. Mit dem Fotoalbum erwiesen die diplomierten Krankenschwestern und die Oberin der Pflegerinnenschule der ehemaligen Schulschwester Reverenz und banden damit auch ihre eigene Geschichte in deren individuelle Geschichte sowie in die Geschichte der Schule und des Spitals ein. Über den gemeinsamen Erfahrungs- und Erlebnishorizont von Schenkenden und Beschenkter konstituierten die Bilder gleichzeitig Identität: individuelle Identität von Anna Riesen, Gruppenidentität der Schwestern und Schülerinnen der Pflegerinnenschule und Identität der «Pflegi» als Institution. In den Fotografien zeigen sich aber auch die Ambivalenz des Berufs der Krankenschwester und damit implizit dessen Krisenanfälligkeit. Die moralischen Ansprüche, das In-eins-Gehen von Arbeits- und allgemeinen Lebensbedingungen, von Individuum und Institution entsprachen Vorstellungen, die sich so in der Nachkriegszeit nicht mehr lang halten konnten. Die Fotografien verweisen aber ebenso auf die Ausgestaltung der Krankenpflege als einen modernen, auf Wissen basierenden Beruf.

Erschienen in: traverse 2012/2, S. 137