Frischer Wind im Schweizer Strafvollzug. Zeichen eines Wandels im Resozialisierungskonzept des Straf- und Massnahmenvollzuges der 1960er- und 70er-Jahre


Obwohl die Teilrevision des StGB von 1971 keine grundlegenden Veränderungen brache, kam es in den 1960er-und 70er Jahren im Schweizer Strafvollzug zu Reformen. Eine jungen Generation von Juristen, Studenten, Politikern und Strafvollzugspraktikern war durch die Menschenrechtserklärung der UNO von 1948, den international gepflegten Austausch und die institutionskritische Haltung der 68er Bewegung gegenüber Missständen im Schweizerischen Strafvollzug sensibilisiert. Sie verlangten eine bessere Rechtsstellung der Straffälligen und erkannten in Therapiemassnahmen brauchbare Alternativen zum bisherigen «Besserungsstrafvollzug». Um die Reformen zu verwirklichen, griffen sie aktiv in die öffentliche Debatte ein. Der breite Konsens für eine Liberalisierung des Strafvollzugs setzte sich im Kanton Bern, der hier beispielhaft behandelt wird, vorerst in der Praxis und 1986 in einer neuen Vollzugsverordnung durch. Auf Bundesebene fanden wichtige Postulate der Reformer aus den 1960er- und 1970er-Jahren erst 2007 im revidierten Strafgesetzbuch ihren Niederschlag.

Erschienen in: traverse 2014/1, S. 109