Der Landesstreik in La Chaux-de-Fonds

(La Grève générale à La Chaux-de-Fonds)

Die im Neuenburger Jura seit dem 19. Jahrhundert gut verankerten Arbeiterorganisationen beteiligten sich trotz der Vorbehalte einiger Gewerkschaftsführer und der komplizierten Lage der sozialdemokratischen Exekutivmitglieder geschlossen am Landesstreik. Die sozialen Probleme und wirtschaftlichen Schwierigkeiten führten dazu, dass die Streikforderungen ein breites Echo fanden. Auf der anderen Seite organisierten sich das unternehmerische und patriotische Umfeld namentlich dank der lokalen Sektion der Neuen Helvetischen Gesellschaft. Eine Kombination aus Begeisterung über den Sieg Frankreichs im Ersten Weltkrieg und dem Korporatismus der Uhrenindustrie begünstigte die Entstehung einer Gegenbewegung zum Landesstreik. Aus den Erfahrungen der beiden militärischen Besetzungen der Stadt in den Jahren 1904 und 1917, die jeweils zu einem Aufschwung des Antimilitarismus geführt hatten, hatte man gelernt. Deshalb überzeugten die patriotisch Gesinnten aus La Chaux-de-Fonds die kantonalen Behörden, auf eine Armeeintervention zu verzichten. An den Demonstrationen der beiden Lager beteiligten sich, ohne einen einzigen gewaltsamen Zwischenfall, Tausende von Personen. Spektakuläre Polemiken verbanden sich mit Faktoren, die schliesslich zum sozialen Frieden führen sollten.

Erschienen in: traverse 2018/2, S. 231