Ausgehend vom Briefwechsel zwischen Maurice und Yvonne Retour untersucht dieser Beitrag die Gefühle, welche die beiden Ehegatten im Verlauf ihrer Trennungen und Wiedersehen während des Ersten Weltkriegs gegenseitig evozieren und miteinander teilen. Es geht darum zu verstehen, wie es diesem durch den Krieg getrennte Paar gelingt, über die Schrift, die Zufluchtnahme zum Wunschdenken und das Schaffen eines « Erwartungshorizonts » der um die Rückkehr des Soldaten kreist, Gefühle mitzuteilen und sich über die Distanz zu finden. Dieses emotionale Band schreibt sich ein in ein soziales Feld, das durch die Gemeinschaft der Bekannten, aber auch ganz allgemein durch die Kriegsgesellschaft konstituiert wird. Durch Bilder und Stereotypen, die vor allem durch Zeitungen verbreitet werden, normiert Letztere die durch den Krieg aufgewühlten Gefühle, was eine ständige moralische Überprüfung der Emotionen zur Folge hat. Auf diese Weise zeugen die Briefe des Ehepaars Retour von einem gesellschaftlich geteilten « emotionalen Regime »
Emotionen in Zeiten des Krieges. Ein Ehepaar zwischen Trennung und Wiedersehen 1914 1915)
(Lémotion en temps de guerre. Un couple entre séparations et retrouvailles 1914 1915))Erschienen in: traverse 2007/2, S. 65