Die Geschichte der Volksabstimmung ist deutlich kosmopolitisch geprägt. Erfunden wurde sie in den Vereinigten Staaten am Ende des 18. Jahrhundert. In Frankreich war sie in den Verfassungsentwürfen von 1793 vorgesehen, die aber nicht umgesetzt wurden. Anschliessend wurden in der Schweiz Volksabstimmungen durchgeführt. Ab 1831 existierten auf kantonaler Ebene verschiedene Formen (Veto, Volksinitiative, Referendum, Widerruf), auf Bundesebene wurden seit 1848 und vor allem von 1874 an Volksabstimmungen durchgeführt. Die in der Schweiz entwickelten Verfahren wurden dann am Ende des 19. Jahrhundert in die USA reimportiert. Die Schweizer Erfahrungen wurden dort nicht zuletzt in der Presse eingehend diskutiert und als Argument eingesetzt, um Reformforderungen zu bekräftigen, die auf die Einführung einer gesetzgebenden Volksabstimmung in den Bundesstaaten abzielten. In der Schweiz wurde die Entlehnung aus einem anderen Kontext weitgehend verschwiegen. Der Transfer von der Schweiz in die USA ist hingegen eindeutig. Dieser Beitrag betont die transnationale Dimension der Geschichte der Volksabstimmung, die sich zwischen Frankreich, den USA und der Schweiz abspielte.
Die Volksabstimmung zwischen Amerika und Europa
(Les allers-retours transatlantiques du référendum)Erschienen in: traverse 2019/1, S. 58