Ist es möglich, Lehrmittel für Geschichte zu schreiben, die den Anforderungen der Geschichtswissenschaft Genüge leisten, gleichzeitig aber den Schülerinnen und Schülern eine bejahende, ja bewundernde Haltung gegenüber der eigenen Nation zu vermitteln? Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, wird hier die Diskussion, die in Bulgarien in den letzten zehn Jahren im Zusammenhang mit der Einführung neuer Geschichtslehrbücher geführt worden ist, kritisch beleuchtet. Die Autorin, die selbst an der Herausgabe eines Schulbuchs zur bulgarischen Geschichte beteiligt war, kommt zum Schluss, dass es nicht möglich, ja mitunter sogar fragwürdig ist, die Geschichte des eigenen Landes als «Nationalepos» zu unterrichten, sofern diese Geschichte wissenschaftlichen Kriterien genügen und der Komplexität historischer Ereignisse gerecht werden soll. Um das «Wir-Gefühl» einer nationalen Gemeinschaft zu befriedigen, müssen Schulgeschichtsbücher nämlich eine ganze Palette positiver Gefühle wecken.
(Übersetzung: Jonas Römer)
Von den Grenzen der Vermittlung nationaler Geschichte in der Schule. Die Schulbuchdebatte in Bulgarien der 1990er Jahre
(Les limites des transformations possibles au récit scolaire d'histoire nationale en Bulgarie)Erschienen in: traverse 2004/2, S. 89