«Schwachsinnige» Schulkinder als zukünftige BürgerInnen


Geht man davon aus, dass Kinder in der Schule zu Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern geformt werden, stellt sich die Frage, ob dies auf alle Kinder zutrifft. Während die meisten Bildungspläne ideale Bedingungen für Erziehung und Bildung voraussetzen, gab und gibt es auch eine Auseinandersetzung über die Ziele und Möglichkeiten der Erziehung in den Randgebieten der menschlichen Erziehungsfähigkeit. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts setzte sich die Überzeugung durch, dass auch für «schwachsinnige» Kinder die Schulpflicht gelten sollte, dass auch sie zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft, zu Bürgerinnen und Bürgern, erzogen werden sollten – und zwar in speziellen Institutionen und separaten Klassen. Der vorliegende Artikel fragt danach, welche Vorstellung des future citizen den Bildungsbestrebungen für «schwachsinnige» Kinder zugrunde lag, über welche Wissensbestände und Fähigkeiten diese Kinder als zukünftige Bürgerinnen und Bürgern verfügen sollten und inwiefern die Lehrmittel an ihre spezifischen Bedürfnisse angepasst wurden.

Erschienen in: traverse 2017/1, S. 42