Das historische Dokument Teppich tritt einerseits als gewobenes oder geknüpftes Objekt in Erscheinung, andererseits wie ein Bild im Bild auf visuellen Darstellungen. Die Geschichtswissenschaft hat Teppiche als Quellentexte bisher vernachlässigt, obwohl die kunsthandwerklichen Produkte selbst Bedeutungsträger waren und ihnen auf Gemälden repräsentative Funktionen zugewiesen wurden. Teppiche verfügten über einen materiellen Eigenwert und erfuhren durch die Verwendung von Mustern und Bildmotiven eine symbolische Aufwertung. Vor allem orientalische Knüpfteppiche sind durch die Rekodierung im europäischen Zusammenhang Erzeugnisse kulturellen Transfers. Als Güter im Levantehandel wurden sie eigens für bestimmte Zwecke bestellt, aber auch als Serienprodukt eingeführt. Die Malerei der Renaissance schenkte Teppichen besondere Aufmerksamkeit und schuf ihnen einen bleibenden Ort in der europäischen Lebenswelt adeliger und bürgerlicher Haushalte sowie im kirchlichen oder herrschaftlichen Zeremoniell.

Erschienen in: traverse 2015/1, S. 157