Eine Internationale der katholischen Hochschulstudenten. «Pax Romana» und die Versuche ihrer Verbreitung in Lateinamerika während der Zwischenkriegszeit

(Une Internationale pour les universitaires catholiques. « Pax Romana » et ses tentatives de propagation en Amérique latine durant l'entre-deux-guerres)

Pax Romana – die neue katholische Internationale – wird im Sommer 1921 in Freiburg gegründet. Der föderalistische Bund katholischer Studentenverbände verkörpert den Wunsch traditioneller katholischer Kreise in Freiburg und anderswo, eine die nationalen Grenzen übergreifende Bewegung zu gründen, welche die jungen Eliten im Geiste von Barmherzigkeit und Solidarität vereint. Von einem in Freiburg geschaffenen Sekretariat aus versucht Pax Romana, in die Studentenzirkel einzudringen und diese zu koordinieren. Schon nach kurzer Zeit kann der Verein in Europa auf die Unterstützung von rund 20 nationalen Verbänden zählen.
Unsere Absicht ist, historisch aufzuarbeiten, wie die Bewegung entstand, wie sich über Pax Romana ein katholisches Netzwerk herausbildet, welcher Diskurs das internationale Engagement von Pax Romana steuert und wie sich im Laufe der Zeit die ideologischen Konfigurationen verändern. Der Verein, der sich ausschliesslich aus Laien zusammensetzt, wird nach den Gründungsjahren ständig zwischen den Vorschriften der päpstlichen Kurie, welche den Verein zu striktem Gehorsam in Sinne einer Unterwerfung unter die Doktrin ermahnt, und den Verbänden an der Basis, die in internen Angelegenheiten um Unabhängigkeit bemüht sind, hin und her gerissen. Nach den ersten Jahren, in denen Pax Romana einen kompromisslosen und gegen die moderne Welt gerichteten Katholizismus vertrat, wächst das Bewusstsein, dass das Fortbestehen des Vereins nur gewährleistet ist, wenn es gelingt, einen Weg zwischen der Orthodoxie der katholischen Lehre und der säkularisierten, von unterschiedlichen Ideologien geprägten Gesellschaft zu finden. Die Erfahrungen der 30er Jahre, in erster Linie der Versuch, in Lateinamerika Fuss zu fassen, machen deutlich, dass allein die Verbreitung der Methoden der Katholischen Aktion, eingebettet in einen sozialen Diskurs, nicht ausreicht, die Studentenverbände in Europa und vor allem in Übersee in die Bewegung zu integrieren. Damit das messianische Ideal von einem internationalen Katholizismus neue Anhängerschaft gewinnt, muss der alte sektiererische Ton einer die moderne Welt ablehnenden Kirche überwunden werden. Der Krieg unterstützt in der Folge diese Tendenz, indem er eine ganze Generation junger Katholiken vor die Aufgabe stellt, zwischen den eigenen religiösen Überzeugungen und öffentlichen Engagement einen Modus vivendi zu suchen.

(Übersetzung: Daniel Franz)

Erschienen in: traverse 1998/2, S. 112