Zur Verwendung von Bildern in interaktiven medizinischen Diagnoseverfahren

(Usages situés des images dans le diagnostic médical)

Bilder spielen in der alltäglichen Arbeit von Wissenschaftlern wie in ihren Publikationen eine wichtige Rolle; sie tragen auf grundlegende Weise zur Konstruktion wissenschaftlicher Fakten bei.
In diesem Artikel geht es um die Beschreibungs- und Interpretationspraktiken, mit denen Wissenschaftler Bilder, die sie während bestimmter Tätigkeiten produzieren, auswerten, als Belege heranziehen, in Frage stellen. Besonderes Interesse gilt der interaktiven Dynamik, durch welche Bilder den praktischen Anforderungen des Moments gemäss als geordnet, sinnvoll und nützlich konstituiert werden.
Die Analyse dieser Praktiken basiert auf Transkripten von Diskussionen, während denen Chirurgen aus verschiedenen medizinischen Teams per Videokonferenz Meinungen und Ratschläge zu schwierigen klinischen Fällen austauschen.
Der Beitrag analysiert die Verwendung von Bildern in der Präsentation eines klinischen Falls, ihre «Aneignung» durch ein Mitglied eines anderen Teams während der Diskussion und der Kommentierung von Bildern im Off sowie während informellen Gesprächen innerhalb eines Teams. Diese verschiedenen Kontexte geben einen Einblick in die sprachliche und interaktive Dynamik, durch die Bilder den praktischen Anforderungen der Diagnosestellung gemäss interpretiert, beschrieben und kommentiert werden. Die Analyse zeigt die Relevanz der Formen und sequenziellen Organisation von Bildbeschreibungen und hebt die Kontextgebundenheit und die kollaborative Dimension der Verwendung von medizinischen Bildern hervor.

(Übersetzung: Johanna Miecznikowski-Fünfschilling, Lorenza Mondada, Christa Pieth)

Erschienen in: traverse 1999/3, S. 51