Die verschiedenen Dimensionen der Macht der Patrizierfamilien in den wichtigsten Städten des mittelalterlichen und modernen Europas haben bereits zahlreiche Arbeiten untersucht. Dabei stellt sich jedoch die Frage, wie diese Dominanz in wirtschaftlicher, politischer, kultureller und intellektueller Hinsicht weit über den formalen Verlust der Privilegien dieser Familien im 19. Jahrhundert hinaus andauern konnte. In diesem Themenheft sollen verschiedene Fragen zur Persistenz und zu Wandelsphänomenen der Macht von Patrizierfamilien vom Mittelalter bis in die Gegenwart behandelt werden. Außerdem soll der Begriff "Patriziat" selbst kritisch hinterfragt werden.
Um dies zu erreichen, versucht das Heft, diejenigen Faktoren zu identifizieren, die das Fortbestehen oder den Niedergang der patrizischen Eliten und bestimmter Familien (sogenannte Geschlechter) bewirkten. Gibt es Phasen der Öffnung und Teilung der Macht? Wie hat sich das Zusammenleben zwischen alten und neuen städtischen Eliten entwickelt, insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden Demokratisierung der Städte? In welchen Sektoren und Institutionen war die patrizische Herrschaft besonders ausgeprägt?
Darüber hinaus untersucht diese Ausgabe die Bedeutung von Familienbanden zwischen Mitgliedern patrizischer Familien. In diesem Zusammenhang wird auf die Entwicklung der sozialen Endogamie und die strategische Funktion von Heiratsbündnissen eingegangen. Außerdem wird die Rolle und Stellung von Frauen in der "patrizischen Machtstruktur" in den Blick genommen.
Um diese Fragen und Anliegen anzugehen, versammelt das Heft Fallstudien aus verschiedenen Schweizer Städten, und kontrastiert vormoderne Patrizitatsphänomene aus Luzern, Solothurn und Zürich mit modernen Ausprägungen, wie sie etwa für die Städte Genf und Basel herausgearbeitet werden. Die imperiale Dimension von Patriziat in ihrer globalen Reichweite wird jedoch neben der lokalen Dimension in diesem Heft auch in Erinnerung gerufen.