Der Platz der Schweiz im «geheimen Kalten Krieg» der Vereinigten Staaten 1943–1975

(De la place de la Suisse dans la «guerre froide secrète» des Etats-Unis, 1943–1975)

In Reaktion auf Vorfälle, die sie als Aggression der Sowjetunion interpretieren oder zu interpretieren vorgeben, führen die Vereinigten Staaten ab 1947/48 einen regelrechten Geheimkrieg gegen den internationalen Kommunismus. Neue Strukturen (CIA, OPC) werden aufgebaut und eine neue Doktrin ausgearbeitet, die Geheimaktionen als vollwertige Ergänzung zur Aussenpolitik versteht. Diese Kreise agieren oft mit zwei Gesichtern, einem privaten und einem staatlichen. Die amerikanischen Behörden achten darauf, ihre Präsenz zu verschleiern, um sich nicht «totalitäre Methoden» vorhalten zu lassen, die sie selbst anderswo heftig kritisieren. Die Geheimdienste arbeiten zudem Strategien des weitestmöglichen Rückgriffs auf private lokale Akteure aus, wobei ihre Tätigkeit sowohl der Öffentlichkeit als auch den Beteiligten selbst verborgen bleibt. Der insgeheim weitgehend vom CIA finanzierte Kongress für kulturelle Freiheit ist das Paradebeispiel für ein solches Vorgehen. Während die Auswirkungen des von den Vereinigten Staaten geführten Geheimkriegs auf die am stärksten betroffenen Länder (Italien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Belgien) zunehmend bekannt sind, weiss man über die Rolle der Schweiz in diesem Szenario deutlich weniger. Zwar hatte die Schweiz für die Amerikaner sicher nicht denselben Stellenwert wie diese anderen Länder. Dennoch legen Dokumente aus den Vereinigten Staaten nahe, dass die strategische Bedeutung der Schweiz zweifellos grösser war, als es auf den ersten Blick scheint. Der Beitrag stellt zuerst die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen dar und versucht dann anhand von Belegen zu zeigen, dass das Thema für die Schweiz durchaus relevant ist und weitere Forschungen verdienen würde.

Erschienen in: traverse 2009/2, S. 55