Zwischen 1955 und 1956 schliesst die Schweiz mit den Vereinigten Staaten zwei bilaterale Abkommen über die nukleare Kooperation ab. Das Erste betrifft den Kauf eines Experimentierreaktors, im Zweiten werden genaue Vereinbarungen über eine Zusammenarbeit festgelegt, die den Zugang zu Geheimdaten erlaubt. Die beiden Abkommen sind vor dem Hintergrund des von Eisenhower 1953 initiierten amerikanischen Programms «Atoms for Peace» zu verstehen. Dieses hat zum Ziel, den internationalen Handel im Bereich der Atomenergie entsprechend den Bedürfnissen der US-Aussenpolitik einzuschränken, und steht damit im Geist des Hotz-Linder-Abkommens von 1951. Vor allem aber soll es den Vereinigten Staaten die Kontrolle über die gesamte Entwicklung von Atomtechnologie der verbündeten Länder sichern. Was die Schweiz betrifft, reiht sich das Abkommen in die zahlreichen Verrenkungen ein, die der Bundesrat anstellt, um in der polarisierten Phase des Kalten Kriegs die Fassade der Neutralität zu wahren und gleichzeitig Zeichen der schrittweisen Anpassung an die Westmächte zu setzen. Die explorative Studie setzt sich mit den beiden Abkommen und ihrer wissenschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und militärischen Tragweite auseinander.
Atomenergie, Kalter Krieg und Neutralität. Die Schweiz und das «Atoms for Peace»-Programm, 1945–1957
(Energie atomique, guerre froide et neutralité. La Suisse et le plan Atomes pour la Paix, 1945–1957)Erschienen in: traverse 2009/2, S. 37