Kargheit und Fragilität des alpinen Ländlichkeit. Spuren zweier Spielarten eines Abbilds (Tessin, Wallis, 1750–1914)

(Frugalité et fragilité dans la ruralité alpine. Les traces d’une double image (Tessin, Valais, 1750–1914))

Als die europäische Kultur und die Philosophen der Aufklärung Mitte des 18. Jahrhunderts die Alpen «entdecken», entsteht das Bild einer Welt fern von Unglück und Verdorbenheit der städtischen Zivilisation. Das Leben in den Alpen versinnbildlicht Werte wie Einfachheit und Kargheit eines idealisierten ländlichen Raums, wo der fehlende Luxus und Glanz mit Idealen wie Freiheit und Gleichheit korreliert. Die historische Forschung der letzten Jahre hat den idealisierten Charakter dieser Vorstellung nachdrücklich herausgearbeitet, dabei sind die wirtschaftlichen Zusammenhänge meistens ausserhalb der Betrachtungen geblieben. Basierend auf einer zeitgenössischen Darstellung der Kargheit des Lebens in den Bergen zeichnet der Beitrag das Ausmass der Überschuldung in einigen alpinen Regionen nach. Der Übergang vom Bild einer kargen zu einer fragilen Bergwelt vollzieht sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Kargheit bleibt dennoch ein hervorstechendes Merkmal der alpinen Gesellschaften und erklärt zumindest für die Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts das geringere Risiko der Überschuldung in diesen Regionen.

Erschienen in: traverse 2014/2, S. 65