Gemeinsam «expatriieren». Zur Investitionspolitik der Basler Chemie nach dem Ersten Weltkrieg


Der Erste Weltkrieg markierte für viele multinationale Unternehmen in Westeuropa und Nordamerika eine tiefreichende Zäsur. Auch die drei Basler Farbstoffproduzenten Ciba, Geigy und Sandoz mussten sich an die kriegsbedingten Umwälzungen auf den Weltmärkten anpassen. 1917 schlossen sie sich in der Basler Interessengemeinschaft zusammen, um der verschärften Konkurrenzsituation und der protektionistischen Ausrichtung zu begegnen. Neben Absprachen über die Preisgestaltung sowie die Produktions- und Forschungsgebiete sollte die kartellartige Verbindung helfen, die Investitionspolitik durch gemeinsam betriebene und finanzierte Produktionsstätten zu verstärken und abzustimmen. Die 1920 erfolgte Etablierung eines solchen Gemeinschaftswerks im amerikanischen Cincinnati, Ohio stellte in diesem Rahmen die grösste Direktinvestition der IG Basel in den 1920er- und 1930er-Jahren dar. Anhand des US-amerikanischen Gemeinschaftswerks lässt sich deshalb exemplarisch aufzeigen, wie die institutionell verdichtete Zusammenarbeit in der Interessengemeinschaft neue Möglichkeiten bezüglich der fabrikatorischen Präsenz auf den wichtigsten Zielmärkten eröffnete, deren Realisierung aber durch den Zusammenschluss unterschiedlicher Interessenlagen neue Probleme und Konflikte produzierte.

Erschienen in: traverse 2019/3, S. 136