Die Ressourcen des Vorsorgefonds der Società di mutuo soccorso maschile di Locarno (1864–1895)

(Le risorse del fondo previdenza della Società di mutuo soccorso maschile di Locarno (1864–1895))

In seiner Anfangszeit konzentrierte der 1864 gegründete Hilfsverein Società di mutuo soccorso maschile di Locarno seine Tätigkeit auf einen Vorsorgefonds, in dem sich die Mitglieder mit einer Prämie das Recht auf Unterstützung im Fall von Krankheit, Unfall und Armut sicherten. Die soziale Sicherheit im Tessin, die bislang fast ausschliesslich aus der Fürsorge bestanden hatte, wurde mit dieser bescheidenen Versicherung um eine neue Art der Umverteilung erweitert. Die gemeinnützige Gesellschaft Società ticinese di utilità pubblica hatte bereits ähnliche Versuche durchgeführt, allerdings mit einem moralisierenden Hintergrund. Im Hilfsverein fanden sich demgegenüber Vertreter aller Gesellschaftsschichten wieder, vom Bauern bis zum Gutsbesitzer, vom Angestellten bis zum Freischaffenden, hauptsächlich aber Kaufleute. Letztere erhielten dieselbe Unterstützung wie alle anderen, stellten die meisten Vorstandsmitglieder und führten damit den Verein, waren aber unter den Gönnern nicht am zahlreichsten vertreten. Der Hilfsverein führte eine Gruppe von Personen zusammen, die sich ihrer selbst und wohl auch ihrer Rolle innerhalb des gesellschaftlichen Gefüges in Locarno bewusst geworden waren: der Vorsorgefonds wurde zu ihrem kollektiven Instrument, mit dem sie ihren Grenzen als individuellen Akteuren begegneten.

Erschienen in: traverse 2015/1, S. 93