Nachzucht. Eine relativ neue Sammelpraxis zoologischer Gärten


Seit den 1960ern beschreiben sich Zoologische Gärten zunehmend als moderne «Arche Noah». Ein radikaler Praxiswandel habe stattgefunden, insbesondere hinsichtlich der Beschaffung ihrer «Sammlungsobjekte»: der Zootiere. Statt Tiere zu fangen und zu kaufen würde der Tierbestand nun vielmehr über zooübergreifend koordinierte Nachzucht gedeckt und darüberhinaus ein Beitrag zum Natur- und Artenschutz geleistet. Die postulierte Praxisänderung der Nachrekrutierung des Tierbestandes zoologischer Gärten bildet den Ausgangspunkt dieses Artikels. Es geht um die Genese neuer Zookollektive. Mittels einer historischen Sondierung wird die Rolle und Bedeutung der Zoo-Nachzucht herausgearbeitet. Dabei entpuppt sie sich tatsächlich als etwas relativ Neues, wenn auch mit eigenwilligen Genealogien. Ferner widmet sich der Artikel den Zoozuchtbücher als sowohl früher Ausdruck der Sammelpraxisverschiebung wie zugleich eines ihrer wichtigsten Koordinationsinstrumente. Anhand eines spezifischen Fallbeispiels – jenem der Bonobos, einer Menschenaffenart – wird eruiert, in welcher Weise hier über die Datenzusammentragung und Anordnung überhaupt erst eine institutionen- wie zeitübergreifende Sammlung – die Zoopopulation – intelligibel wird.

Erschienen in: traverse 2012/3, S. 91