Strahlende Berge. Urner Opposition gegen ein Endlager für radioaktive Abfälle in den 1980er-Jahren


Im April 1983 lag der Urner linksalternative Zeitschrift Alternative ein Dossier mit dem provokativen Titel «NAGRA SPEZIAL – Trittst im Strahlenrot daher…» bei. Die Beilage bildete den Höhepunkt einer Bürgerbewegung gegen geplante Sondierbohrungen der Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) im Oberbauenstock (Kt. Uri), die bestätigen sollten, dass sich der lokale Untergrund für den Bau eines sicheren Endlagers für radioaktive Abfälle eignete. Mit Fokus auf den Widerstand gegen dieses Projekt untersucht der Artikel die unterschiedlichen Konzeptionen von Untergrund, wie sie von der linksalternativen Gruppe beziehungsweise von der Nagra vertreten wurden. Die Analyse basiert auf der Auswertung der Alternative sowie den Expertenberichten und Publikationen der Nagra. Der Artikel plädiert dafür, die Kontroverse als gesellschaftlichen Aushandlungsprozess zweier konkurrierender Weltbilder zu verstehen: auf der einen Seite die technisch-funktionale Perspektive der Experten, auf der anderen die ökosystemische Sicht der Vertreter der Bürgerbewegung. Ein Aushandlungsprozess, der in der Debatte um die Machbarkeit sicherer Endlager für radioaktive Abfälle bis in die Gegenwart andauert.

Erschienen in: traverse 2020/2, S. 53