Unter Druck. Wie die Rohrpost unter die Schweiz kam


Der Beitrag rekonstruiert die Entstehung der ersten städtischen Schweizer Rohrpostanlagen in Genf, Lausanne und Zürich um 1925. Er geht den technologischen, administrativen und operativen Nischen nach, welche die «moderne Rohrpost» der 1920er-Jahre erschloss. Dabei beleuchtet er, wie die pneumatischen Anlagen die Grenzen zwischen Untergrund und Oberfläche – ebenso wie diejenige zwischen Stadt- und Hausrohrpost, Aussen- und Innenanlagen sowie Fern- und Nahtransportsystem – neu aushandelten. Es wird gezeigt, wie das Schweizer Projekt im Spannungsverhältnis zwischen lokalen Anliegen, bundesweiten Prozeduren und standardisierten Lösungen entstand. In Genf hatte die Rohrpost als ‹glokales› unterirdisches Zwischenmedium die Bedürfnisse nach Verdichtung und zugleich rascher Expansion der Nachrichtenflüsse um den Völkerbund bedient. In Lausanne bildete sie die frühe Konkretion einer administrativen Nische an der Schnittstelle zwischen Schweizerischer Oberpost- und Obertelegrafendirektion. Beim Durchlaufen der Wände und Decken der Zürcher Bankgebäude eignete sich die Rohrpost exklusive Eigenschaften an, die sie anschliessend unter die Bürgersteige brachte. So entstand im Zürcher Untergrund eine geschützte Nische – eine nach Privatheit strebende «Untergrundorganisation».

Erschienen in: traverse 2020/2, S. 83