Unterschichten, Frauen, Ausländer. Zur Normalisierung von Differenz in Familientherapie und -beratung, BRD 1960–1990


Der Beitrag geht der Frage nach, wie im Diskurs von Therapie und Beratung mit Differenz umgegangen wurde. Welche Formen waren relevant, wie wurden sie konstruiert und was für Effekte zeitigte dies? An Hand des Diskurses der deutschsprachigen Familientherapie und -beratung wird gezeigt, wie sich die Wahrnehmung von sozialen, geschlechtlichen und ethnisch-kulturellen Unterschieden gewandelt hat. Dies lag, so die These, an der Konvergenz dreier Prozesse: Politisierung, Therapeutisierung und Verwissenschaftlichung. Resultat dessen war eine Normalisierung von Differenz, die immer seltener als Abweichung von der Norm behandelt wurde. Zum einen sollten «Unterschiede, die einen Unterschied machen» seitens des Beraters oder Therapeuten erkannt und anerkannt werden, so dass am Ende das Empowerment marginalisierter Subjekte stand. Zum anderen wurde Differenz nicht mehr als Defizit, Devianz oder Pathologie verstanden, sondern ihre Akzeptanz eingeklagt und sogar ihr Wert als ökonomische Ressource – Stichwort «interkulturelle Kompetenz» Management“ – entdeckt.

Erschienen in: traverse 2011/3, S. 105