Von der Kolonie in die «Cité». Das «Maison des étudiants indochinois» in der «Cité universitaire» von Paris (1927–1939)

(Des colonisés à la Cité La Maison des étudiants indochinois à la Cité universitaire de Paris (1927–1939))

Am 22. März 1930 wurde das Maison des étudiants indochinois (MEI) in der Cité universitaire im 14. Arrondissement von Paris eingeweiht. Die gut 100 Plätze waren seit dem vorigen Herbst von französischen und «indigenen» Studenten belegt, in der Mehrheit Vietnamesen, aber auch einigen Kambodschanern und Laoten. Tatsächlich verliessen in der Zwischenkriegszeit mehr und mehr junge Leute die Kolonie, um ihr Studium im Mutterland zu verfolgen. Sehr schnell allerdings beunruhigte diese Zirkulation die französischen Behörden wie auch die Familien der Studenten. Infolgedessen wurde Léon Perrier, dem Minister für die Kolonien, 1926 ein Projekt für ein Wohnheim für die aus Indochina Kommenden unterbreitet. Dieses konkretisierte sich im Folgejahr mit der Bildung eines Initiativkomitees, das vom Industriellen Auguste-Raphaël Fontaine, dem Direktor der Société française des distilleries de l’Indochine, präsidiert wurde. Obwohl das MEI ein Symbol für die französisch-indochinesische Zusammenarbeit darstellen sollte, wurden von der Grundsteinlegung 1928 an Widerstände deutlich, welche die politische Bedeutung des Projekts relativierten. Der Artikel analysiert die Gründungsphase und das erste Jahrzehnt des MEI, indem materielle und politische Fragen gleichermassen behandelt werden. Er stellt die vielen Akteure in den Vordergrund, um die verworrenen Interessen zu verdeutlichen, auf der das MEI gründet.

Erschienen in: traverse 2018/1, S. 85