Die Entstehung des «Grande Stade». Von der triumphalen Direktübertragung der Weltmeisterschaft 1954 und seinen Transformationen in den Mitgliedstaaten der Eurovision (1954-1958)

(La fondation du «Grand Stade»: de la triomphale retransmission en direct de la Coupe du monde 1954 et de ses avatars dans les pays membres de l’Eurovision (1954–1958))

Seit 1954 förderten und festigten Fernsehübertragungen den zunehmenden Publikumserfolg der FIFA-Weltmeisterschaft. Die Liveübertragung von zehn der insgesamt 26 Spiele an der Weltmeisterschaft 1954 in Bern trug sowohl zum Aufkommen eines vom Fernsehen geprägten Fussballs als auch zu seiner Vermarktung bei. Dieser Erfolg sollte auch – um die Begrifflichkeit von Norbert Elias zu verwenden – die Figuration aus drei Hauptakteuren bestimmen, aus der sich der stark vom Fernsehen geprägte Fussball der Eurovisions-Länder nunmehr zusammensetzte. Ungeachtet der auf Länderebene vorkommenden Varianten und besonderen Dynamiken wurden diese drei Positionen schwergewichtig von zwei institutionellen Akteuren besetzt: den Fussballverbänden und den öffentlichen Fernsehanstalten als Vertreter der öffentlichen Hand. Die dritte Gruppe, von Natur aus oszillierend und gemeinhin als «Publikum» oder als «Fernsehzuschauer» bezeichnet, vervollständigte die Dreierkonstellation. In dieser letzten Gruppe konnten gelegentlich auch Akteure ausgemacht werden, die entweder mit den ersten beiden Gruppen in Verbindung standen oder sich zumindest nicht klar von ihnen abgrenzen liessen. Dazu zählten beispielsweise Stadionbesucher, Freiwillige aus Amateurvereinen, Juniorenfussballer, Steuerzahler, Wähler, die Radio-und Fernsehindustrie sowie die Sportpresse.
Die Auswertung und die Analyse der Reaktionen und Debatten, die durch die Fernsehdirektübertragung der Weltmeisterschaft 1954 in den Eurovisions-Ländern ausgelöst wurden, zeigt auf, wie die Faszination von Liveübertragungen Weltmeisterschaften als mediale Grossereignis innert weniger Jahre ins Fernsehzeitalter katapultierte und dazu beitrug, das Fundament für Fussball als Veranstaltung in virtuellen Megastadion zu legen.
(Übersetzung: Sandra Wyss)

Erschienen in: traverse 2016/1, S. 49