Zur ausgelöschten Erinnerung an eine Revolution

(La mémoire occultée de la révolution genevoise de 1846. Réflexions critiques)

Die Republik und der Kanton Genf haben zu ihrer eigenen Geschichte eine spezielle Beziehung. In ihren offiziellen Verlautbarungen und in bezug auf die verfolgte Erinnerungspolitik, wenden sich Republik und Kanton bevorzugt der konservativen Epoche der Restauration zu, die weder interne Auseinandersetzungen noch Brüche in Erinnerung rufen. Im Namen eines Prinzips der Unabhängigkeit, indem die Historiker lediglich Fakten diskutieren dürfen, wendet Genf den demokratischen Ideen den Rücken zu und verschweigt auf diese Weise die jenigen revolutionären Begleitumstände des 19. Jahrhunderts, welche Grundlage für das Werden der Demokratie waren. Das führt dazu, dass diese Geschehnisse in den historischen Handbüchern grundsätzlich marginalisiert werden, und man offiziell vor allem an die Restauration erinnert. Diese Entwicklung verlief nicht zufällig; sie ist vielmehr Ausdruck eines Bewusstseins und bietet deshalb die Möglichkeit, Überlegungen zu den non-lieux de mémoire anzustellen.

(Übersetzung: Simone Chiquet)

Erschienen in: traverse 1999/1, S. 87