Gab es eine indische Zivilgesellschaft im 19. Jahrhundert? Überlegungen zum Verhältnis von Globalgeschichte und historischer Semantik


Nicht weniger als die globale Interaktion bedarf auch die Globalgeschichte einer Sprache, die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Weltregionen erlaubt. Dies muss einhergehen mit Reflexionen darüber, wie unterschiedliche Semantiken zusammenzuführen sind, wie aber auch die Semantik, der sich die Globalhistoriker bedienen, ihre Wahrnehmung prägt und die Erkenntnis bestimmter Zusammenhänge favorisiert, andere hingegen unsichtbar werden lässt.
Besonders deutlich kommt dies bei jenen Begriffen zum Ausdruck, die wie derjenige der Zivilgesellschaft, aber auch die ihm eng verbundenen der Zivilisiertheit und Bürgerlichkeit, einen normativen Anspruch verkörpern, der sich potentiell an alle Menschen richtet, die aber zugleich der Selbstbeschreibung einer eng umgrenzten Gruppe dienen. Der Aufsatz bemüht sich zum einen um eine Historisierung des Zivilgesellschaftsbegriffs und zeichnet seine Aneignung durch vormals Exkludierte nach, zum zweiten versteht er Zivilgesellschaft als eine Antwort auf bestimmte soziale Probleme – die Hervorbringung von Zivilität, Solidarität und politischer Partizipation.

Erschienen in: traverse 2007/3, S. 51